Zwischen Einheit und Entfremdung

Ein Rückblick auf das SachsenSofa mit Joachim Gauck

Beitrag vom von Paulina Olschewski

35 Jahre nach der Deutschen Einheit ist die Mauer aus Beton längst gefallen – aber wie steht es um die Mauern in unseren Köpfen? Diese Frage prägte das SachsenSofa am 13. Mai 2025 in Markkleeberg – ein Abend voller Denkanstöße, offener Worte und ehrlicher Selbstbefragung.

Auf dem Podium diskutierten Bundespräsident a.D. Joachim Gauck, die Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Susan Arndt und Bürgerrechtler Stephan Bickhardt über das Erbe der Friedlichen Revolution, die Versprechen der Wiedervereinigung und die Brüche, die geblieben sind.
Moderiert wurde der Abend von Maxi Konang und Daniel Heinze.

Gauck betonte, dass die eigentlichen Mauern häufig nicht aus Beton, sondern aus Misstrauen, unverarbeiteten Erfahrungen und mangelndem Dialog bestehen. Besonders eindringlich war sein Appell an eine „kampfbereite Toleranz“ – eine Haltung, die Andersartigkeit aushält, ohne die Grundwerte der Demokratie aufzugeben. Toleranz sei keine Gleichgültigkeit, sondern eine Herausforderung – und doch unverzichtbar für das Zusammenleben in einer offenen Gesellschaft.

Ebenso präzise war seine Analyse zur autoritären Disposition, die sich in jeder Gesellschaft zeige: Etwa ein Drittel der Bevölkerung neige zu autoritären Einstellungen – mit dem Wunsch nach klarer Ordnung, einfachen Antworten und Abgrenzung. Diese Tendenzen müssten ernst genommen und aktiv in den demokratischen Diskurs einbezogen werden.

Prof. Dr. Susan Arndt betonte die Bedeutung ostdeutscher Erfahrungen, Biografien und Erzählungen im gesamtdeutschen Kontext. Sie sprach über fehlende Repräsentation, strukturelle Ungleichgewichte und das Gefühl vieler Ostdeutscher, in der gemeinsamen Geschichte marginalisiert zu werden.

Stephan Bickhardt erinnerte an die zivilgesellschaftlichen Kräfte, die 1989 zur Friedlichen Revolution führten – und daran, dass demokratische Beteiligung kein historisches Ereignis, sondern eine dauerhafte Aufgabe sei.

Das SachsenSofa zeigte: Die politische Einheit von 1990 war ein Anfang – das gesellschaftliche Zusammenwachsen ist ein laufender Prozess, der Offenheit, Anerkennung und gemeinsame Verantwortung erfordert.

Für alle, die nicht dabei sein konnten, die Diskussion kann hier nachgeschaut werden: Mauern überwinden? Das SachsenSofa zu 35 Jahren Deutscher Einheit

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